Wie Arbeitgeber die mentale Gesundheit ihrer Mitarbeiter fördern

Arbeit und Privates: Wo liegen die Grenzen? 

Im Jahr 2019 gab es bereits 3,2 Milliarden aktive Smartphone-Nutzer weltweit.1 In der heutigen Zeit ist diese Anzahl nicht verwunderlich. Durch die zunehmende Digitalisierung haben wir nahezu unbeschränkten Zugriff auf Informationen. Die Kommunikation wird dadurch einfacher und schneller – jedoch sind wir damit auch jederzeit erreichbar. Nicht nur diese Tatsache lässt die Grenze zwischen der Arbeitswelt und dem Privatleben vieler Menschen immer mehr verschwimmen. 

Mit der ständigen Erreichbarkeit werden wir fast durchgehend mit E-Mails, Privatnachrichten oder Anrufen konfrontiert. Betrifft es die Arbeit, sehen wir uns durch den ansteigenden Leistungsdruck, den die heutige Gesellschaft mit sich bringt, oftmals gezwungen, sofort zu reagieren. Bewusstes Abschalten wird somit unmöglich.  

Zudem sind häufig äußere Faktoren belastend und stören die innere Ruhe, wodurch mit der Zeit unter anderem die Konzentration schwindet. Gibt es zu viele Stressquellen, kann der Mensch den Anforderungen am Arbeitsplatz und im Alltag nicht mehr standhalten. 

Die mentale Gesundheit in der Arbeitswelt 

Besonders am Arbeitsplatz können mentale Belastungen zu unvollendeten Projekten oder gar zum Burn-Out führen. Wo Familie und Freunde bei privaten Herausforderungen unterstützen können, ist hier der Arbeitgeber gefragt. Doch was kann dieser tun, um die innere Stabilität und Ausgeglichenheit der Mitarbeiter zu fördern? 

Zunächst sollte es für den Arbeitgeber ein Anliegen sein, ein arbeitsfreundliches Umfeld für alle Mitarbeiter zu schaffen und Stressquellen zu reduzieren. Angefangen bei der Raumtemperatur, den örtlichen Gegebenheiten, den Geräuschkulissen, bis hin zur Lösung personeller Unstimmigkeiten zwischen Vorgesetzten, Mitarbeitern oder Kollegen, sollten sämtliche Störfaktoren identifiziert und bestmöglich eliminiert werden. In vielen dieser Fälle hat der Arbeitgeber Möglichkeiten, die störenden Komponenten zu verändern, die Arbeitsbedingungen positiv zu beeinflussen und Unterstützung zu bieten.  

Die Vorteile der mentalen Gesundheit in Unternehmen 

Aus einer Auswertung des Deutschen Bundestages zum Thema „Arbeitsintensivierung in Deutschland“ von 2019 geht hervor, dass sich die Zahl der Krankheitsfälle, welche mit hohen Belastungen und Unzufriedenheit verbunden sind, über die letzten zehn Jahre mehr als verdoppelt hat.2 

Dabei ist im Krankheitsfall nicht nur der Arbeitnehmer weit von seinem Leistungsmaximum entfernt – auch auf den Arbeitgeber haben derartige Umstände negative Auswirkungen. Diese können sich beispielsweise durch lange Ausfallzeiten, eine verlangsamte Produktion oder fehlendes Wissen in einzelnen Bereichen äußern.  

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat festgestellt, dass es den Erfolg des Unternehmens steigert, wenn die Arbeitnehmer nicht nur körperlich, sondern auch mental gesund sind. Somit ergibt sich für beide Seiten eine positive Auswirkung, wenn das Arbeitsklima und die Arbeitsbedingungen gut sind. Jede Verbesserung der Gegebenheiten ist eine Verbesserung für das Unternehmen. 

Die World Health Organization konnte kürzlich vermelden, dass Arbeitsbedingungen, die Stress fördern, in jedem Jahr weltweit eine Billion US-Dollar kosten.3 Eine Studie der University of Warwick konnte ergänzend belegen, dass ein mental zufriedener Beschäftigter um erstaunliche 12 % produktiver ist.4 Folglich ist Zufriedenheit ein Kostenfaktor. 

Zunehmend denken Arbeitgeber über arbeitnehmerfreundliche Arbeitsstrukturen nach, fördern die Entlastung der Beschäftigten durch flexible Arbeitszeiten oder ergonomische Büroeinrichtungen. Doch für das mentale Wohlergehen und die Zufriedenheit am Arbeitsplatz sind noch andere Faktoren entscheidend. Und sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer sind gefragt. 

Mach mal Pause… 

Der Mensch ist keine Maschine – dementsprechend kann er sich nicht stundenlang ohne Unterbrechung voll konzentrieren. Tatsächlich lässt im Dauerbetrieb die Leistung deutlich nach, der Akku ist irgendwann leer und die Konzentration nicht mehr vorhanden. In der Folge verringern sich Qualität und Quantität der Arbeit.  

Regelmäßige Pausen entlasten das Gehirn und den Körper, sodass danach die Leistungsfähigkeit wiederhergestellt ist. Gerade in den Pausen ist es wichtig, dass die Arbeit außen vor bleibt, damit eine Entspannung möglich ist. In vielen japanischen Unternehmen gibt es Möglichkeiten, die Pausen mit Sport oder Yoga zu verbringen, was positive Erfolge erzielt. Des Weiteren wird es von Arbeitsmedizinern befürwortet, die Pausenzeit an der frischen Luft zu verbringen.  

Ein schön gestalteter Aufenthaltsraum sorgt zudem für gute Stimmung und gute Erholung. Wenn zusätzlich noch das Gespräch mit den Kollegen gesucht wird, steigt das Wohlbefinden. Besonders wenn Menschen durch hohe Arbeitsanforderungen an ihre Grenzen oder darüber hinaus gehen müssen, sind regelmäßige Pausen unerlässlich. 

Kommunikation am Arbeitsplatz 

Arbeitnehmer verbringen einen großen Teil ihrer Zeit am Arbeitsplatz. Sie wünschen sich ein angenehmes Arbeitsklima, in dem auch zwischenmenschliche Beziehungen wichtig sind. Zudem fördert eine entspannte Atmosphäre im Team die Zufriedenheit und schließlich auch die Produktivität der Mitarbeiter.  

Ein freundlicher und respektvoller Umgang spornt die Mitarbeiter zu besseren Leistungen an. Wenn sie sich ernst genommen fühlen und nicht nur unter Leistungsdruck stehen, entspannt dies deutlich die Zusammenarbeit. Sie identifizieren sich gerne mit ihrem Unternehmen, wenn sie sich zugehörig fühlen. Dazu kann es hilfreich sein, wenn auch ein wenig Zeit für einige persönliche Worte bei der Arbeit vorhanden ist. Entgegen der Vermutung, dies würde von der Arbeit ablenken, hat sich herausgestellt, dass die Arbeit dann sogar besser erledigt wird. Der Wohlfühlcharakter nimmt deutlich zu und die Tätigkeit wird nicht nur als Arbeit empfunden. Das Interesse des Arbeitgebers sollte es daher sein, ein besonders offenes und kommunikatives Umfeld in seinem Unternehmen zu schaffen.  

Work-Life-Balance 

In Zeiten der ständigen Erreichbarkeit sollten wir innehalten und uns auf eine gesunde Balance besinnen. Berufliches und Privates zu trennen, sorgt für Zufriedenheit und Ausgeglichenheit bei allen Beteiligten. Denn in der Freizeit will man seine Zeit selbst einteilen, ohne immer wieder von der Arbeit eingeholt zu werden. Aber auch Home-Office, Gleitzeit und die Vertrauensarbeitszeit führen zu einem Gewinn von Lebensqualität. Durch die sich ändernden Bedürfnisse der Beschäftigten entstehen neue Anforderungen auf Unternehmensseite. Werden diese von der Geschäftsleitung berücksichtigt, steigt die Motivation der Beschäftigten, denn ihre Interessen werden wahrgenommen und sie fühlen sich akzeptiert. 

Feedback und Wertschätzung 

Auch die Wertschätzung der geleisteten Arbeit ist ein wesentlicher Faktor für die Zufriedenheit der Mitarbeiter. In der Folge steigen Produktivität und Engagement. Das angemessene Gehalt und von Zeit zu Zeit eine Bemerkung über ein gelungenes Projekt sind die Basis für mentale Zufriedenheit. Ein entspanntes Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer äußert sich ebenso in einem konstruktiven Feedback. Der Angestellte erhält so die Möglichkeit, seine Arbeitsergebnisse zu verbessern. Die Zufriedenheit der Arbeitnehmer kann also deutlich gesteigert werden, indem der Arbeitgeber beispielsweise regelmäßige Feedbackgespräche stattfinden lässt. 

Weiterbildung als Motivationsfaktor 

Wer sich fachlich weiterentwickeln kann, entwickelt auch seine Persönlichkeit. Sind Chancen erkennbar, stärkt dies die Zufriedenheit und das Interesse, die eigene Karriere aktiv zu gestalten. Der Arbeitgeber sollte die dazu notwendigen Perspektiven anbieten und den Angestellten motivieren, sie wahrzunehmen. 

Die Möglichkeiten für den Beschäftigten können in vielfältiger Form angeboten werden: Das neue Projekt, ein Fortbildungskurs oder Angebote auf Online-Plattformen, sowie Unterstützung durch Coaches in Fragen der Arbeitsplatzgestaltung. All diese Gelegenheiten sind nicht nur mit Fortschritten auf persönlicher Ebene verbunden. Zusätzlich verbessern sie die Arbeitsbedingungen und sind gleichzeitig Chancen für das Unternehmen selbst. 

Der erfolgreiche Einsatz von Coaching in Unternehmen 

In vielen Unternehmen wird Coaching bereits durch interne Mitarbeiter, aber auch durch externe Coaches angeboten. Es gibt verschiedene Online-Plattformen, die digitales Coaching anbieten, sowie Akademien, die Seminare zu einzelnen Themen durchführen. Beide Möglichkeiten dienen der Stärkung der Angestellten und somit des Unternehmens. Das Ziel der Coaches ist es, individuelle Beratung für alle Beteiligten zu leisten, um die Arbeitsbedingungen zu optimieren. Sie bieten Unterstützung für die leitenden Angestellten und die Arbeitsabläufe im Unternehmen. Sie schauen darauf, ob die Beschäftigten nach ihren Fähigkeiten eingesetzt werden, damit die Arbeitsanforderungen nicht zu hoch sind – sowohl körperlich als auch mental. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, sowie Arbeitsmediziner sehen im Coaching eine gute Erfolgsquote und empfehlen dessen Einsatz besonders mittleren und größeren Unternehmen.  

Die wichtigsten Punkte im Überblick 

Insgesamt wünschen sich alle Angestellten ein gutes Arbeitsumfeld und ein entspanntes Arbeitsklima, damit sie den stetig wachsenden Anforderungen gerecht werden können. Jede Möglichkeit dies zu erreichen, ist ein Gewinn auf ganzer Linie. Je mehr der Arbeitgeber auf die individuellen Störfaktoren eingeht, desto besser gestaltet sich das Arbeitsumfeld für die Beschäftigten. Eine gute Möglichkeit, auch als Basis für ein Coaching, bietet sich in regelmäßigen Gesprächen miteinander. Gruppengespräche schaffen einen Überblick über die Faktoren, die von mehreren Angestellten als störend empfunden werden. Jedoch ist es auch sinnvoll, zeitweise Einzelgespräche anzubieten, um Probleme innerhalb des Teams identifizieren und lösen zu können.  

Viele Arbeitgeber unterschätzen die positiven Auswirkungen einer guten Arbeitsatmosphäre. Dabei kann diese schon lange als erheblicher Erfolgsfaktor für das Unternehmen betrachtet werden. Schließlich unterstützt sie die mentale Gesundheit der einzelnen Mitarbeiter, wodurch deren Leistungsmotivation langfristig gesteigert wird.  

Quellen: 

1 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/309656/umfrage/prognose-zur-anzahl-der-smartphone-nutzer-weltweit/ 
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/134/1913477.pdf 
3 https://www.who.int/mental_health/in_the_workplace/en/ 
4 https://wrap.warwick.ac.uk/63228/7/WRAP_Oswald_681096.pdf 

Fotoquelle: (c) iStockphoto/g-stockstudio