Die Rolle der mentalen Gesundheit in der Arbeitswelt

Unser Leben ist flexibler geworden. Wir sind vernetzter, unabhängiger, mobiler als jemals zuvor in der Geschichte der Menschheit. Diese Veränderung zeigen sich auch in der Arbeitswelt: Flexibilität wird auch hier großgeschrieben. 

Man möchte meinen, dass diese Freiheiten uns als Menschen glücklicher machen. Dennoch nehmen die mentalen Erkrankungen in der Bevölkerung zu. In diesem Artikel wollen wir darauf eingehen, wie sich das auf die Arbeitswelt auswirkt, wo die Ursachen dafür liegen und welche Konsequenzen sich daraus ergeben. 

Welchen Einfluss hat die Arbeit auf unsere mentale Gesundheit?

Wenn wir mental gesund sind, dann sind wir dazu in der Lage unser volles Potential in allen Lebensbereichen auszuschöpfen – ob wir das dann machen oder nicht. Das heißt wir können unser alltägliches Leben ohne große Schwierigkeiten bewältigen, unsere Fähigkeiten einsetzen und wir sind auch dazu in der Lage, produktiv zu arbeiten. 

Einfluss auf unsere mentale Gesundheit haben zum einen Umweltfaktoren: Wie sehen unsere Lebensbedingungen aus? Auch unsere individuellen Merkmale, also wie wir beispielsweise mit Stress umgehen können, spielen eine Rolle. Als drittes sind es soziale Faktoren, die sich auf die mentale Gesundheit auswirken: Haben wir ein gesundes soziales Netz, das uns trägt? Unter diese Kategorie fallen auch die Arbeitsbedingungen. Das heißt also, unsere Arbeit trägt entscheidend dazu bei, dass wir mental gesund sind.

Mentale Beanspruchung am Arbeitsplatz nimmt zu

Aber wie steht es eigentlich um die mentale Gesundheit in der Arbeitswelt? 
Prof. Dr. Johannes Hamann, Dr. Rosmarie Mendel und Dr. Werner Kissling von der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Technische Universität München veröffentlichten 2012 eine Studie über mentale Gesundheit am Arbeitsplatz. Dabei beschäftigen sie sich mit dem Thema aus der Sicht von Unternehmensmitarbeiterinnen und -mitarbeitern. Diese wurden gefragt, wie sie ihre Kolleginnen und Kollegen bei der Arbeit erleben. Das Ergebnis: Ein Großteil wirkt mental beansprucht. Außerdem habe diese Beanspruchung ihrer Meinung nach über die letzten Jahre zugenommen.

Mentale Beanspruchung – was ist damit gemeint?

Im Alltag sprechen wir häufig von Stress. Stress ist zur modernen Zivilisationskrankheit geworden. Natürlich kann Stress auch positiv sein: Er kann uns motivieren, anspornen und uns somit produktiv werden lassen. Positiver Stress kann das Maximum aus uns herauskitzeln und uns zu Höchstleistungen bringen. 

Doch es gibt eben auch den negativen Stress. So viel Flexibilität, Mobilität und Unabhängigkeit uns unser modernes Leben ermöglicht, so viel fordert es auch: Wir sind ständig erreichbar: Per Smartphone, Textnachrichten, E-Mail, über die Sozialen Netzwerke. In der Wirtschaft dominieren Zeit- und Leistungsdruck. Alles, auch wir Menschen, sollen immer schneller und besser werden. Vor diesem Hintergrund darf es uns nicht wundern, wenn sich die Auswirkungen dessen in Form von negativem Stress in der Gesellschaft zeigen.

Negativer Stress bewirkt genau das Gegenteil von positivem Stress: er demotiviert, unsere Konzentration und Leistungsfähigkeit lässt nach und wir werden unproduktiver. Kurzfristig sind wir zwar in der Lage diese mentale Belastung zu bewältigen. Sind wir dem Stress aber langfristig ausgeliefert, so kann dies im schlimmsten Fall zu einer mentalen Erkrankung führen. 

Die Zahlen der gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland zeigen, dass sich dieser Negativtrend bereits in den Statistiken niederschlägt.

Innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte ist die Anzahl der Personen, die durch Arbeitsunfähigkeit oder Frühverrentung aufgrund mentaler Krankheiten frühzeitig aus der Arbeitswelt ausgetreten sind, rasant angestiegen.

Wie kann also mentale Gesundheit mit der modernen Arbeitswelt vereinbart werden?

Präventionsmaßnahmen in Unternehmen als erster Schritt

Mentale Gesundheit ist nicht nur ein Thema, dass den Einzelnen betrifft. Stress und mentale Beanspruchung wirken sich direkt auf die Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit und somit auch auf die Produktivität einer Mitarbeiterin bzw. eines Mitarbeiters aus. Mentale Gesundheit ist somit auch ein monetärer Faktor, den Unternehmen berücksichtigen sollten.

Deshalb ist es nicht zuletzt für das Individuum wichtig, dass die mentale Gesundheit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in den Vordergrund gestellt wird und dass dem Thema zukünftig eine höhere Bedeutung zukommt. Ein erster Schritt, der Negativentwicklung entgegenzuwirken, sind Präventionsmaßnahmen: Es wird dort angesetzt, wo der Stress zwar bereits besteht, er sich aber noch nicht langfristig negativ auf die mentale Gesundheit ausgewirkt hat. 

Diverse Studien zeigen, dass es jedoch in den wenigsten Unternehmen solche Präventionsmaßnahmen existieren.

Dr. Franz-Christian Schubert, emeritierter Professor für Psychosoziale Hygiene, Erziehungspsychologie und Psychotherapie an der Hochschule Niederrhein in Krefeld hat sich mit diesem Thema beschäftigt. Er empfiehlt, dass Beschäftigte sich nicht alleine um ihre mentale Gesundheit kümmern sollen. Es sei wichtig für Unternehmen, die Arbeitsbedingungen so zu verändern, dass Stress und somit mentale Beanspruchung reduziert werden. Außerdem sollen betriebliche und organisatorische Strukturen für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschaffen werden, die sich mit mentaler Gesundheit beschäftigen.

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