Dauerhafter Stress und Überlastung als Hauptfaktoren für die Beeinträchtigung der mentalen Gesundheit

Stressvermeidung für eine gesunde Psyche 

Zeitdruck, Schnelllebigkeit, die ständige Erreichbarkeit – mentale Belastungen im Alltag oder im Beruf sind ein Massenphänomen. Dabei hat Stress grundsätzlich eine gute Seite. Er treibt uns zu Höchstleistungen an und setzt unser Können frei.
Dauert der Stressmoment aber an, werden die eigenen Ressourcen derart angegriffen, dass die mentale Gesundheit darunter leidet.
Die Frage ist also: Wie können Arbeitgeber ihre Angestellten unterstützen? Welche Rahmenbedingungen können die Stressbelastung senken? Und was können Mitarbeiter selbst tun, wenn sie merken, dass sie ihr seelisches Gleichgewicht verlieren?

Was kennzeichnet eine psychisch belastende Situation?

Subjektiv gibt es keine treffsichere Definition darüber, wann eine Situation als stressig einzustufen ist und wann nicht. Ein voller Terminkalender, Einsamkeit, Sorgen oder finanzielle Engpässe können als belastend empfunden werden.
Aus der wissenschaftlichen Perspektive ist Stress immer dann gegeben, wenn ein Zustand herrscht, der bei der betroffenen Person negative Emotionen auslöst und als unveränderbar erlebt wird. Eine gewisse Hilflosigkeit spielt also ins Stressempfinden hinein.
Inwieweit Stressoren unser mentales Wohlbefinden beeinflussen können, hängt von inneren und äußeren Aspekten ab und davon, ob der Betroffene über eine gesunde Psyche verfügt oder bereits vorbelastet ist.

Welche Umstände werden als besonders stressig empfunden?

Neben Faktoren, die innerhalb des Privatlebens mentale Belastungen auslösen können, steckt vor allem das Arbeitsleben voller potenzieller Stressoren.

Möglicher Quell mentaler Extremsituationen ist das soziale Miteinander unter den Kollegen. Verschiedene Erwartungen, Charaktere, Leistungsstärken und Meinungen prallen aufeinander, mit denen irgendwie umzugehen ist. Die Kommunikation untereinander trägt ein enormes Potential für psychische Belastungen in sich. Zu wenig oder gar keine Rückmeldungen über die geleistete Arbeit, das Ausbleiben anerkennender Worte, unklare Anweisungen, gebrochener Informationsfluss – Aspekte, die sich nachteilig auf die eigene Psyche auswirken können.

Zusätzlich können die täglichen Aufgaben Überbelastung verursachen, nämlich dann, wenn sie nicht auf die persönlichen Fähigkeiten zugeschnitten sind oder aufgrund der Rahmenbedingungen nur schwer erfüllt werden können. Einsparmaßnahmen im Personal oder der Fachkräftemangel können das tägliche Arbeitspensum auf die Spitze treiben. Werden Überstunden, Überforderung und Überbelastung zu einem Dauerzustand, stimmt die Balance zwischen Anforderung und Regeneration nicht mehr und die Psyche gerät ins Ungleichgewicht. So haben im Jahre 2019 39 % der in Vollzeit arbeitenden befragten Frauen angegeben, dass ihnen starker Termin- und Leistungsdruck zu schaffen mache. Lediglich 15 %, und damit weniger als die Hälfte, kam gut damit zurecht (laut Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in ihrer Broschüre “Arbeitswelt im Wandel: Zahlen – Daten – Fakten”).
Eine faktische Überforderung kann durch eine unzureichende Arbeitsorganisation begünstigt werden. Sollen mehrere Tätigkeiten parallel ausgeführt werden, kommt es schnell zu einem Mangel an Zeit, der als belastend empfunden werden kann.
Ein Mangel an Organisation kann auch durch ständige Umbrüche ausgelöst werden. Einige Mitarbeiter brauchen einen festen Rahmen, in dem sie sich bewegen können. Wenn es durch betriebliche Veränderungen keine klaren Strukturen mehr gibt, wächst bei ihnen die Unsicherheit.

Ferner kann das Berufsleben auch durch externe Faktoren zur Stressfalle werden. Wenn herrschende Temperaturen zur körperlichen Herausforderung werden oder Hintergrundgeräusche die Konzentration erschweren, leiden irgendwann Arbeit und mentales Wohlergehen gleichermaßen.

Fragen wie: Leide ich unter Zeitdruck?, Habe ich den Überblick verloren?, Gibt es soziale Unstimmigkeiten unter den Kollegen?, können einen Hinweis darauf geben, wie hoch der berufliche Stressfaktor ist.

Warum die mentale Gesundheit geschützt werden muss

Aus Sicht des Arbeitgebers sind psychische Belastungen schon allein deshalb zu vermeiden, weil die Arbeit effektiver und qualitativ hochwertiger erledigt wird, wenn es seinen Mitarbeitern mental gut geht, sie weder über- noch unterfordert sind und das Arbeitsklima stimmt. Gelingt es ihm nicht, die Gesundheit seiner Mitarbeiter zu erhalten, muss er mit einer erhöhten Fluktuationsrate rechnen.

Abgesehen davon schreibt das Arbeitsschutzgesetz ausdrücklich vor, dass der Arbeitgeber mit geeigneten Maßnahmen gegen psychische Belastungen am Arbeitsplatz vorgehen muss. Und das aus gutem Grunde:

Übermäßiger mentaler Druck macht krank. Er greift unsere Psyche an. Innerliche Leere, Sinnverlust, depressive Episoden und Schlaflosigkeit könne die Folge sein.
Er kann aber auch körperliche Beschwerden, wie Kopf- und Rückenschmerzen oder Bluthochdruck auslösen.
33 % der in Vollzeit tätigen Frauen und 21 % der Männer gaben im Jahre 2019 an, aufgrund psychischer Anforderungen unter Nackenschmerzen zu leiden (ebenfalls zu lesen in der Broschüre der BAuA).

Der Übergang von einer angegriffenen Psyche zu physischen Symptomen ist fließend. So kommt es immer wieder vor, dass nach Mitteln gegriffen wird, die sich dazu eignen, die aktuelle Wahrnehmung auszuleben und auf ein erträgliches Maß zu reduzieren. Alkohol, Drogen oder auch autoaggressives Verhalten können sich dabei schnell zu einer Abhängigkeit entwickeln.

Abgesehen davon bringt es unter objektiven Gesichtspunkten auch nichts, dem Stressgefühl zu erliegen und dem Frust freien Lauf zu lassen. Häufig fallen dann Worte, die so nicht gemeint waren. Schlimmstenfalls kann sogar die berufliche Perspektive oder die Zusammenarbeit mit einem wichtigen Kunden daran zerbrechen.

Psychische Belastungen im Beruf können also weitreichende Folgen haben. Deshalb ist es außerordentlich wichtig, dass das gesamte Kollegium Strategien erlernt, mit denen es zu seiner inneren Mitte zurückfindet.

Mentales Wohlergehen im Beruf – so geht’s

Das können Arbeitnehmer tun:

1. Eine Möglichkeit, mit psychischen Belastungen besser umzugehen, ist die Veränderung der eigenen Haltung. Ist die Grundstimmung eher negativ geprägt, wird der jeweilige Stressmoment intensiver empfunden, als er eigentlich ist.
Nimm bewusst die schönen Dinge wahr und lächle! Jeder Situation ist etwas Gutes abzugewinnen. Indem das Denken bewusst von den destruktiven Gedanken abgewendet wird, wird dem Gehirn ein Signal übermittelt, dass den Körper daran hindert, Stresshormone auszuschütten. Mit der Zeit verändern sich die neuronalen Strukturen im Gehirn und der neue Blickwinkel hat sich zu einem festen Verhaltensmuster manifestiert. Alltägliche Herausforderungen können dadurch souverän gemeistert werden.

2. Ein gut strukturierter Morgen verspricht Sicherheit und schafft Zufriedenheit.
Mit der richtigen Morgenroutine fängt der Tag schon gut an. Starte mit dem Lieblingssong, genieße in Ruhe deinen Kaffee, iss ein gesundes Frühstück – abschalten, bevor du zu geistigen Hochformen auflaufen musst.
Stelle deinen Wecker so, dass all diese Dinge zeitlich gut bewältigt werden. Die Energie, die du durch einen gelungen Start in den Tag aufnimmst, hält noch eine Weile vor und beeinflusst die Herangehensweise an den bevorstehenden Arbeitstag maßgeblich mit.
Versuche deinen Morgen um ein kleines Bewegungsprogramm zu ergänzen. Wenige Minuten können das Wohlbefinden schon deutlich erhöhen. Ein kleiner Spaziergang mit dem Hund, ein kurzer Tanz, Sit-ups oder Liegestütz. Alles was Spaß macht ist erlaubt.

Das können Arbeitgeber tun:

Nachdem die einflussgebenden Faktoren für psychische Belastungen ausfindig gemacht worden sind (etwa durch Mitarbeiterbefragungen), können geeignete Gegenmaßnahmen ergriffen werden.

Erfolgreiches Gesundheitsmanagement im Betrieb durch:

– Veränderungen innerhalb des Unternehmens nur in mäßigem Tempo
– Klare Kommunikation, guter Informationsfluss
– Mitarbeiter in Planungsprozesse einbeziehen
– Erfolge gemeinsam feiern, Lob aussprechen
– Offener Umgang mit Kritik
– Entwicklungschancen zugestehen und Handlungsfreiräume einräumen
– Aufgaben entsprechend der individuellen Fähigkeiten zuweisen
– Durchdachte Aufgabenplanung
– Niemand ist perfekt: Offene Fehlerpolitik
– Kommunikation grundsätzlich in angemessener und wertschätzender Weise